Die Anfänge des Schreibens in den Anfängen der Welt: Schöpfung und Auktorialität
Teilprojekt 5
Institut für Anglistik und Amerikanistik, Englische Literatur, Humboldt-Universität zu Berlin
Das Teilprojekt untersucht das Verhältnis von Schöpfung und Auktorialität in der Literatur der Vormoderne. Dabei wählt es die Ambiguität von ‘Schöpfung’ als Erschaffung von Welt und Hervorbringung von Text zum Ausgangspunkt und fragt, wie die darin angelegte doppelte Aitiologie von Welt und Wort zu verstehen ist. Die Konstruktion von Auktorialität in Schöpfungserzählungen der Frühen Neuzeit und des Mittelalters rückt dabei in den Mittelpunkt. In exemplarischen Lektüren von Hildegard von Bingen, Spenser und Milton im weiteren Kontext hexameraler und kosmogonischer Texte sowie in Einzelstudien zu Poetik und Poesie des Beginns sollen Einsichten in die Modi und Funktionen vormodernen aitiologischen Erzählens gewonnen werden.
Dabei sind zwei Annahmen zu überprüfen: (1) In den zu erkundenden Schöpfungsnarrativen lässt sich eine literarisch formative Verbindung von Kreation und auktorialer Kreativität erkennen. (2) Als Aitiologien haben diese Dichtungen von Ursprung, Hervorbringung und Entstehung der Welt das Potential, historische Ordnungen zu delegitimieren, indem sie den tiefenzeitlichen Anfang als unverfügbar, das Werden der Welt aber als anthropogen, damit kontingent erweisen. Darin liegt ihre immer schon ökokritische Kraft. Aus der genauen Beschreibung der Arten und Weisen, wie auktoriale, im weiteren Sinn skripturale Texte von ihrer eigenen Zeit handeln, soll die ihnen eingeschriebene Ökopoetik einschließlich ihrer wirkungsästhetischen Aspekte entfaltet werden.